Der Tag der Heuschrecke by West Nathanael

Der Tag der Heuschrecke by West Nathanael

Autor:West, Nathanael [West, Nathanael]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Manesse-Verlag
veröffentlicht: 2013-09-02T22:00:00+00:00


19

Auf dem Rückweg zu seinem Büro wurde Tod von einem Studiowagen mitgenommen. Er musste auf dem Trittbrett stehen, weil die Sitze von zwei wallonischen Grenadieren und vier schwäbischen Fußsoldaten besetzt waren. Einer der Infanteristen hatte ein gebrochenes Bein, die anderen Statisten waren mit Schrammen und blauen Flecken davongekommen. Sie freuten sich sehr über ihre Verletzungen. Sie durften nämlich davon ausgehen, Geld für mehrere Zusatztage zu erhalten, und der Mann mit dem gebrochenen Bein meinte sogar, dass er fünfhundert Dollar kriegen würde.

Als Tod in seinem Büro ankam, erwartete ihn dort Faye. Sie hatte nicht an der Schlacht teilgenommen. Der Regisseur hatte im letzten Moment entschieden, keine Marketenderinnen einzusetzen.

Zu seiner Überraschung begrüßte sie ihn mit inniger Herzlichkeit. Dennoch versuchte er, sich für sein Verhalten im Beerdigungsinstitut zu entschuldigen. Er hatte kaum begonnen, als sie ihn schon unterbrach. Wegen seines Vortrags über Geschlechtskrankheiten war sie ihm nicht böse, sondern dankbar. Sie war zur Vernunft gekommen.

Sie hatte aber noch eine andere Überraschung auf Lager. Sie wohnte jetzt in Homer Simpsons Haus. Es handelte sich um eine reine Geschäftsbeziehung. Homer hatte sich bereit erklärt, ihr so lange Kost, Logis und Garderobe zu gewähren, bis sie es zum Star gebracht haben würde. Über jeden Cent, den er auslegte, führten sie Buch, und sobald Faye der Durchbruch beim Film gelungen sein würde, wollte sie ihm alles zuzüglich sechs Prozent Zinsen zurückzahlen. Um die Sache völlig legal zu machen, wollten sie sich von einem Anwalt einen Vertrag aufsetzen lassen.

Sie presste Tod seine Meinung ab, und er sagte, das sei eine tolle Idee. Sie bedankte sich und lud ihn für den nächsten Abend zum Essen ein.

Nachdem sie gegangen war, fragte er sich, was das Zusammenleben mit Faye für Homer bedeutete. Er dachte, dass es ihn erden würde. Und um es glauben zu können, überlistete er sich selbst mit der Fantasie, dass ein Mann ein Stück Eisen ist, das erhitzt und dann mit Hammerschlägen in die richtige Form gebracht werden kann. Er hätte es besser wissen müssen, denn wenn jemandem jede Formbarkeit abging, dann war es Homer.

Als er bei ihnen zu Abend aß, saß er diesem Irrtum immer noch auf. Faye schien sehr glücklich zu sein, schwadronierte von Spesenabrechnungen und dümmlichen Verkäufern. Homer trug eine Blume im Knopfloch und Filzpantoffeln und strahlte sie ununterbrochen an.

Während Homer nach dem Essen in die Küche ging, um den Abwasch zu erledigen, erkundigte sich Tod bei ihr, wie sie zusammen die Tage verbrachten. Sie sagte, dass sie ein ruhiges Leben führten und sie darüber froh sei, weil sie die Aufregung satthatte. Alles, was sie anstrebte, war eine Karriere. Homer erledigte die Hausarbeit, und sie erholte sich. Papas lange Krankheit hatte sie völlig erschöpft. Homer führte den Haushalt gern, und außerdem ließ er sie zur Schonung ihrer Hände erst gar nicht in die Küche.

«Eine Schutzmaßnahme für seine Investition», sagte Tod.

«Ja», antwortete sie ernsthaft, «sie müssen schön sein.»

Gegen zehn, fuhr sie fort, frühstückten sie. Homer brachte ihr das Frühstück ans Bett. Er schaute in einem Haushaltsmagazin nach und richtete das Tablett dann so her, wie er es auf den Bildern sah.



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